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AutorenbildNathalie Strassmann

Femizide in der Schweiz

Alle zwei Wochen wird in der Schweiz eine Frau durch ihren Ehemann, Lebensgefährten, Ex-Partner, Bruder oder Sohn getötet. Jede Woche überlebt eine Frau einen versuchten Femizid, so die Berichte des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann für das Jahr 2019. Dabei werfen diese Statistiken Licht auf das "Hellfeld" der bekannt gewordenen Fälle von Gewalt und Tod, wobei die Dunkelziffer unbekannt bleibt. Bedauerlicherweise gibt es in der Schweiz keine offizielle Stelle, die Femizide aufzeichnet und eine Statistik über Tötungen aufgrund des Geschlechts führt.

Femizide sind keine Einzelfälle, sondern das Resultat struktureller Gewalt, die in den patriarchalen Machtverhältnissen unserer Gesellschaft verankert ist. Gewalt gegen Frauen wird immer noch oft als Privatsache behandelt, wie der gesellschaftliche Umgang damit zeigt: Der Begriff "Femizid" ist in der Schweiz noch immer nicht als etablierter politischer Begriff anerkannt. Seine Verwendung wurde im Sommer 2020 vom Ständerat erneut abgelehnt, und derzeit gibt es keine Pläne zur Verwendung dieses Begriffs.


Im Schnitt rückt die Polizei im Kanton Zürich 15-mal pro Tag wegen familiärer Streitereien oder häuslicher Gewalt aus. Im Tessin geschieht dies drei Mal täglich, und in Genf nimmt die Kantonspolizei pro Tag fast zwei Anzeigen auf. Dennoch wird über Gewalt und Femizide kaum berichtet. Und wenn doch, dann oft nur in Lokal- und Boulevardzeitungen, häufig als "Familiendrama", "Beziehungstragödie" – und als "Einzelfall".


Forschungsarbeiten am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht im deutschen Freiburg zeigen, dass ein toxisches Männlichkeitsbild eine Gemeinsamkeit aller Täter ist. Traditionelle Geschlechterrollen prägen Täter, weniger deren Nationalität, Herkunft und sozialer Status. Auch die Istanbul-Konvention bezeichnet traditionelle – und damit patriarchale – Geschlechterrollen als mitverantwortlich für die Gewalt gegen Frauen. Der völkerrechtliche Vertrag, der am 1. April 2018 in der Schweiz in Kraft getreten ist, hält explizit fest, dass häusliche Gewalt als Menschenrechtsverletzung verstanden werden muss.


Nach wie vor fehlt es in der Schweiz immer noch an Prävention und Aufklärung: Täter können eine lange Gewaltgeschichte haben; jeder weitere Femizid ist damit das Versagen gesellschaftlicher Kontrollmechanismen. Bei der Polizei, bei Gutachterinnen, bei der Justiz.


Um Gewalt gegen Frauen möglichst umfassend zu dokumentieren, zählen wir nicht nur Femizide in Folge häuslicher Gewalt, sondern auch die Femizide, in denen die Täter keine Beziehung zu den Opfern hatten, Fälle von rassistischen, homo-, transphoben und behindertenfeindlichen Motiven, und solche an Sexarbeiterinnen.


Die Quelle zum Text sowie weitere Fakten findet ihr unter:








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